Wie jeder Berufsfahrer weiß, kann das Leben auf der Straße einsam sein.
Viele verbringen dabei Monate fernab von Zuhause und der eigenen Familie. Man lebt auf drei bis fünf Quadratmetern, die aus Lenkrad, Gaskocher und Bett bestehen.
Da fällt es nicht schwer zu verstehen, warum manch einer Trost im Alkohol sucht.
Im Januar diesen Jahres führte die deutsche Polizei eine großangelegte Operation durch, bei der über 1200 Lasterfahrer einer Alkoholkontrolle unterzogen wurden. Dabei wurden bei 190 Fahrern (15%) erhöhte Alkoholwerte festgestellt.
Bei diesen Ergebnissen stellten sich viele Bürger die Frage, warum ausgerechnet in einer Branche, in der das Trinken strikt verboten ist, einer von sechs Fahrern zur Flasche greift.
Ich will das auf keinen Fall verteidigen. Aber ich kann verstehen, was einen Lasterfahrer zu dieser Entscheidung bringen kann. Diese trinken aus Langeweile, Frustration, Einsamkeit und Stress.
Natürlich hat man in vielen Berufen Stress, aber es kommt mir schon so vor, als würden Lasterfahrer häufig mehr als alle anderen abbekommen. Wo soll ich anfangen? Ganz offensichtlich ist der Zeitdruck. Genau so wie der Mangel an Schlaf. Die Einsamkeit habe ich bereits erwähnt und dann kommt noch jede Nacht die Suche nach einem geeigneten Parkplatz hinzu. Da es so viele Laster auf unseren Autobahnen gibt, ist nicht immer genug Platz für jeden.
In einer Branche, in der jeder Kilometer zählt und der billigste Anbieter den Zuschlag erhält, sind die Fahrer zu einer Ware geworden.
Was schon ironisch ist. Die Lasterfahrer von heute sind das Rückgrat der Weltwirtschaft, in dem sie Frachten von Stadt zu Stadt und von Land zu Land bringen. Und trotzdem werden sie komplett vergessen. Viele Fahrer, besonders osteuropäische, kosten wenig, arbeiten für billige Subunternehmer und haben wenig bis gar keinen Versicherungsschutz.
Von den Fahrern wird erwartet, dass sie trotz Krankheiten für niedrige Löhne und in sozialer Isolation fahren, nur damit der Kunde pünktlich seine Avocados, seinen Wein und sein Sofa zum billigen Preis erhält.
Wenn man als Lasterfahrer einen Arbeitsvertrag unterschreibt, dann stimmt man einem strikten Alkoholverbot zu. Das gilt auch vor der Arbeitszeit, damit sichergestellt wird, dass der Fahrer wirklich absolut kein Alkohol im Blut hat, wenn er sich hinters Steuer setzt.
Die Operation zur Alkohol-Kontrolle wurde in Deutschland um 10 Uhr Abends durchgeführt, direkt vor dem Ende des Fahrverbots an Sonntagen. Die Ergebnisse zeigten einen konzentrierten Gehalt von Restalkohol an, der im Verlauf des Wochenendes angesammelt wurde.
Da hilft es auch nichts, dass Lasterfahrer oft sehr kurzfristig Jobs erhalten. Die Fahrer sind dazu verpflichtet, ihren Disponenten mitzuteilen, wenn sie in den letzten Stunden Alkohol getrunken haben. Aber eine Job zu verpassen heißt eben auch, die Bezahlung zu verpassen.
Alkohol kann nicht die Antwort sein. Aber was dann? Das Einziehen von Führerscheinen lenkt nur vom wahren Problem ab.
Regelmäßige Auszeiten Zuhause wären ein guter Anfang, aber wollen das Lasterfahrer überhaupt? Offensichtlich will jeder Lasterfahrer seine Familie sehen, aber in dieser Zeit verdient man eben kein Geld.
Es geht darum, das Leben der Fahrer in Europa zu verbessern. Aber das ist kompliziert und am Ende ist alles immer eine Kostenfrage. Trotzdem- wir müssen Lösungen für dieses Problem finden…