Das Fraunhofer Institut hat jetzt eine Studie zu einem der aktuell wichtigsten Themen in der Logistikbranche veröffentlicht: Der Ausbau der Infrastruktur an E-Ladesäulen. Nur durch einen Ausbau können E-LKWs in Europa schließlich auch in der breiten Masse eingesetzt werden. In folgendem Artikel wollen wir einen Überblick über die Ergebnisse der Studien geben.
Das Problem mit der E-Infrastruktur
Dass der Logistik Verkehr zukünftig CO2 neutral werden muss, bedarf keiner Diskussionen mehr. Nur so können Kunden und auch die Gesetzgeber mit nachhaltigeren Lösungen für das Versenden von Waren in den nächsten Jahren zufriedengestellt werden. Allerdings läuft der Umstieg von den alten Diesel LKW auf die neuen, umweltfreundlichen E-LKW bisher eher schleppend. Wenn man Logistik-Akteure nach dem Grund dafür fragt, hört man immer wieder eine Antwort: Die fehlende Infrastruktur der E-Ladesäulen bzw. Tankstellen.
Denn damit LKWs auch auf Langstrecken nur mit E-Antrieb unterwegs sein können, muss ein flächendeckendes Netz an E-Ladesäulen aufgebaut werden. Die aktuelle Lösung der europäischen Regierungen, es den Firmen zu überlassen, auf den eigenen Standorten Ladesäulen einzurichten, ist bei weitem nicht ausreichend. Der europäische Automobilverband hat daher das Fraunhofer Institut damit beauftragt, herauszufinden, wie eine europäische Infrastruktur für das Laden von LKWs aussehen könnte. Die Ergebnisse der Studie sind zum Teil überraschend.
Die Ergebnisse der Studie
Aktuell ist das weltweite Logistiknetzwerk einer der schlimmsten Umweltsünder überhaupt. Kein Wunder also, dass vor allem im Bereich des LKW-Transports aktuell händeringend nach Lösungen gesucht wird, um die schädlichen C02 Emissionen zu reduzieren. Da die meisten Emissionen jedoch auf den Langstrecken entstehen, die Reichweiten der E-LKWs aktuell jedoch noch begrenzt sind, muss endlich ein europaweites Netz an E-Ladesäulen aufgebaut werden.
Wie dieses möglicherweise aussehen sollte, hat das Fraunhofer Institut jetzt in einer neu veröffentlichten Studie dargestellt. Grundlage der Analyse waren Datensätze von mehr als 400.000 LKW und 750.000 einzelnen Standorten in 35 europäischen Ländern.
Die Studie, die im Auftrag des europäischen Mobil Verbandes durchgeführt wurde, kommt zu dem Schluss, dass für den Ausbau der E-Infrastruktur am Besten das bereits existierende Logistiknetzwerk genutzt werden sollte. Für neue Standorte sollten also in erster Linie Autobahnraststätten, Logistik-Umschlagplätze und großen Firmenzentralen verwendet werden. Der Fokus sollte dabei ganz klar auf europäischen Ballungszentren liegen.
Umfassendste Studie dieser Art
Die neue Untersuchung des renommierten Fraunhofer Instituts ist die bisher wohl umfassendste Studie dieser Art. Die Experten untersuchten dafür schließlich mehr als 30.000 Standorte, die Routen von mehr als 400.000 LKWs und die Daten von insgesamt 750.000 Rastplätzen und anderen Umschlagorten. Unterstützung erhielt das Fraunhofer Institut dabei von 7 verschiedenen nationalen Organisationen in ganz Europa.
Um mögliche künftige Standorte zu identifizieren, analysierte eine neue Studie des Fraunhofer ISI 30.000 aggregierte LKW-Halte Standorte. Die Standort-Daten basieren auf detaillierten Informationen über die Logistikaktivitäten von rund 400.000 LKW und 750.000 einzelnen Halteorten und wurden von sieben OEM in Europa gesammelt.
Dabei ging das Team des Instituts von der These aus, dass der Logistik Verkehr auf Grund der limitierten Reichweite der E-LKWs zukünftig zwei Arten von elektrischen Ladestandorten benötigen würde. Einmal Hochleitstungs-Ladesäulen für kurze Stopps vor allem im Regional- aber auch im Fernverkehr. Gleichzeitig würden aber auch Ladestationen mit mittlerer Leistungsfähigkeit für längere Stopps im Fernverkehr benötigt werden.
Laut Fraunhofer ist es empfehlenswert, den Ausbau der E-Infrastruktur europaweit koordiniert voranzutreiben. Nur so könnten Ressourcen optimal gebündelt und eingesetzt werden. Dabei sollte der Fokus der Bemühungen darauf liegen, dass das bereits vorhandene Logistiknetzwerk optimal zu nutzen, um so einen optimalen Anschluss an existierende Lieferwege und Standorte zu erreichen. Dafür präsentiert die Studie Langstrecken-Ladestandorte in 35 Ländern und Vorschläge für regionale Ladestationen in 23 Ländern.
Fokus auf stark besiedelte Gebiete in Mitteleuropa
Die Ergebnisse der Fraunhofer Studie beweisen eindeutig, dass der Aufbau der neuen E-Ladestruktur vor allem in den Regionen um Ballungszentren in Europa vorangetrieben werden muss. So unter anderem in den Großräumen Paris und Manchester, Norditalien, Frankfurt und Berlin. Auch entlang der europäischen Hauptverkehrsrouten konnten mehrere wichtige Standorte identifiziert werden.
Darüber hinaus konnten die Experten ein weiteres, etwas überraschendes Ergebnis präsentieren: Die möglichen Ladestellen und Haltestandorte des regionalen und des Fernverkehrs liegen in den meisten Fällen geographisch sehr nahe beieinander. Die Auswertung der LKW Fahrstrecken und anderer Cluster ergab, dass die Nah- und Fernverkehrsstandorte oft weniger als 600 Meter auseinander liegen. Daher sollten die Standorte für beide Netzwerke zukünftig miteinander kombiniert werden.
Wahl des Standorts
Neben den allgemeinen regionalen Schwerpunkten empfiehlt die neue Studie auch konkrete Standorte für den Aufbau einer neuen E-Ladestruktur. Etwa ein Drittel der neuen Infrastruktur sollte im Bereich der großen Autobahnraststätten entstehen, während ein weiteres Drittel im Bereich der größten Standorte von Logistikunternehmen aufgebaut werden sollte. Das ist aber noch nicht alles: Ein kleiner Anteil der neuen Ladesäulen sollte nämlich auch an Umschlagplätzen wie Fährhäfen und Zollstellen entstehen.
Allerdings decken die oben genannten Zahlen nur die Hälfte der zukünftig benötigten Ladestationen ab. Die Standorte der verbliebenen 50% konnten laut Fraunhofer in dieser ersten Studie noch nicht festgestellt werden.
Die Analyse betont darüber hinaus mehrfach, wie wichtig es sei, für den Aufbau der neuen Infrastruktur bereits vorhandenen Einrichtungen und Netzwerke zu nutzen. Denn die potenziellen optimalen Standorte der neuen E-Tankstellen befinden sich in 100% der Fälle weniger als 2 bis 5 Kilometer von bereits existierenden Lkw-Halteplätzen, wie etwas Autobahnraststätten, entfernt.
Dr. Patrick Plötz, der die Studie am Fraunhofer ISI koordinierte, äußert sich zu den Ergebnissen der umfassenden Studie folgendermaßen :„Laut unserer Analyse potenzieller öffentlicher Ladestandorte sollte eine künftige Ladeinfrastruktur für Lkw einige hundert Standorte in großen Ländern wie Deutschland, Großbritannien und Frankreich, einige Dutzend Standorte für die meisten anderen europäischen Länder und weniger als zehn Standorte für kleinere Länder wie Luxemburg, Irland, Lettland, Kroatien oder Estland umfassen.“
Was denkst du über die neuen Ergebnisse der Fraunhofer Studie? Und wie schnell denkst du können die neuen, dringend benötigten Netzwerke aufgebaut werden? Wir interessieren uns für deine Meinung Fleet Speak freut sich über deine Antwort in den Kommentaren!