Das Münchner Startup Keyou gilt als einer der Pioniere auf dem Gebiet der Wasserstoff Lkw. Diesem Ruf wird das junge Unternehmen jetzt wieder gerecht. Denn die Münchner präsentierten jetzt in Weltprämiere den ersten 18 Tonnen Lkw mit Wasserstoffmotor und erweitern damit noch einmal deutlich die eigene Fahrzeugpalette. Was es mit dem neuen Fahrzeug genau auf sich hat, verraten wir in folgendem Artikel.
Keyou geht eigene Wege
Keyou geht in der Branche der nachhaltigen Lkw sicherlich einen Sonderweg. Denn während die meisten Unternehmen auf Brennstoff-Zellen setzen, hat sich das Münchner Startup ganz auf Wasserstoffmotoren spezialisiert. Bereits seit 2015 forscht und entwickelt Keyou in diesem Bereich. Mithilfe der Wasserstoff spezifischen Technologien, Komponenten und Brennverfahren soll es vor allem gelingen, Lkw mit konventionellen Verbrennungsmotoren in emissionsfreie Laster umzurüsten.
Das Ziel von Keyou ist es also in erster Linie nicht, neue Lkw zu verkaufen, sondern stattdessen Diesel Lkw auf Wasserstoff Lkw umzurüsten. Herzstück der dafür eingesetzten Technologien ist Keyou-Inside System. Dieser 7,8 Liter Antriebsmotor beruht auf dem Dieselmotor und kann daher besonders effizient für das Umrüsten von Bestandsfahrzeugen eingesetzt werden.
Breite Palette an nachhaltigen Fahrzeugen
Keyou hat in einer Pressekonferenz jetzt zwei neue Prototypen vorgestellt, die das Potential des Münchner Unternehmens bei der Umrüstung von Dieselfahrzeugen unterstreichen soll. So wurde in einer Weltprämiere zum Beispiel der erste 18 Tonnen Lkw mit einem solchen Antrieb überhaupt vorgestellt. Das Chassis dieses nachhaltigen und umgerüsteten Lkw stammt von einem Daimler Actros.
Darüber hinaus stellte der Nutzfahrzeugbauer auf der Pressekonferenz aber auch einen 12 Meter langen Dieselbus vor, der von Keyou auf Wasserstoff-Antrieb umgerüstet wurde. Beide Fahrzeuge werden jetzt vom zuvor erwähnten 7,8 Liter Motor des Keyou-Inside Systems angetrieben. Damit konnte Keyou die eigene Fahrzeugpalette an nachhaltigen Fahrzeugen noch einmal deutlich erweitern.
Die „Hochzeit“ des Diesel Lkw mit dem Wasserstoff Motor, also die Umrüstung auf eine nachhaltige Antriebsart, übernahm dabei Paul Nutzfahrzeuge aus Vilshofen. Auch für das Upgrade des Busses ist der Nutzfahrzeuge Spezialist zuständig. Mit den tatsächlichen Umbauten habe man laut Keyou Anfang Januar 2022 begonnen und diese schon wenige Wochen später abschließen können.
Nachdem beide Fahrzeuge jetzt vollständig umgebaut wurden, finden aktuell erste Testfahrten in der Nähe von München statt. Bereits im Sommer soll die Einzelzulassung der beiden Fahrzeuge abgeschlossen sein, wodurch Wasserstoff-Lkw und -Bus dann für Demonstrationszwecke auch auf öffentlichen Straßen fahren dürften.
Nach dem Abschluss aller Fahrzeugtests noch im laufenden Jahr will Keyou bereits Ende 2023 mit ersten Pionierkunden extensive Feldtests durchführen, bei denen die Wasserstoff-Technologie und die neuen Fahrzeuge ihr Können unter realen Bedingungen unter Beweis stellen können. Spätestens 2024 will Feyou außerdem zwei weitere Motorplattformen auf dem Markt bringen. Live wird sowohl der neue Wasserstoff-Lkw als auch der umgebaute Bus erstmals auf der IAA Transportation 2022 in Hannover zu sehen sein.
Keyou erhält nicht nur von der Industrie selbst Vorschusslorbeeren. Nein, auch die Politik scheint an das Konzept der Münchner zu glauben. Denn der neue Lkw wurde auch durch finanzielle Unterstützung seitens des European Innovation Council (EIC) realisiert. Die Entwicklung und Produktion des Wasserstoff Lkw wurde hingegen vom Bayerischen Wirtschaftsministerium gefördert.
Keyou-CEO und Mitbegründer Thomas Korn äußert sich dazu folgendermaßen: „Mit unseren Prototypfahrzeugen zeigen wir, dass die Technologie des Wasserstoffmotors auch praktisch funktioniert und eine kosteneffiziente und robuste Alternative zu Batterieelektrischen- oder Brennstoffzellenfahrzeugen darstellt.“
Wasserstoff Motor als Ideallösung?
Viele alternative und nachhaltige Antriebsformen haben aktuell noch ein entscheidendes Problem: Sie sind vor allem für kleinere und mittlere Unternehmen nicht wirtschaftlich genug. Das ist einer der Hauptgründe dafür, warum der überwältigende Großteil aller Fahrzeugflotten immer noch aus Diesel Lkw und Bussen besteht. Damit nachhaltige Lkw mit der, auch wirtschaftlichen, Performance dieser Laster mithalten können, muss in den meisten Fällen noch ein weiter Weg zurückgelegt werden.
Und genau diese Lücke will Keyou mit seinen Umbau-Motoren schließen. Denn der 7,8 Liter Motor des Keyou-Inside Systems liegt laut dem Münchner Start Up technisch sehr nahe am Dieselmotor. Nur eben ohne CO2 Ausstöße oder teure Abgasnachbehandlungen. Dadurch kann die Keyou Technik gleich mit mehreren Vorteilen punkten.
So soll mit dem neuen Antrieb zum Beispiel ein Reichweitenpotentiale von mehr als 500 Kilometern erreicht werden können. Gleichzeitig soll der Motor, egal ob im Bus oder Lkw verbaut, eine Leistung von 210 kw erreichen können. Wie zu erwarten ist der Motor natürlich auch überaus umweltfreundlich: So würde der Lkw laut Keyou nicht nur unter den WHTC-Referenzzyklen bleiben, sondern darüber hinaus auch die von der EU definierten Zero Emission CO2-Grenzen deutlich übererfüllen sowie die Euro-6-Abgasnorm auch ohne Abgasnachbehandlung einhalten.
Darüber hinaus sind diese Motoren oder die Technologie im Allgemeinen aber auch besonders robust. Wasserstoffmotoren ließen sich laut Keyou außerdem unabhängig von seltenen Erden realisieren. Sicherlich am allerwichtigsten ist jedoch eine andere Tatsache: Wenn man die Gesamtkosten des Keyou-Inside Systems betrachtet, dann könne damit eine dieseläquivalente Kostenstruktur für den Endkunden erreicht werden, da die nötigen Anpassungsarbeiten an den Diesel Lkw nur sehr gering ausfallen. Diese Lösung ist daher für Nutzer deutlich günstiger als der Umstieg auf einen neuen Brennstoffzellen Lkw.
Bei Keyou ist man daher davon überzeugt, dass die Weiterentwicklung und Umrüstung von Neu- und Bestandsfahrzeugen auf Wasserstoffmotoren in den kommenden Jahren zu einem zentralen Bestandteil eines nachhaltigeren Nutzfahrzeug-Verkehrs werden wird.
Korn dazu weiter:
„In den nächsten zehn bis 15 Jahren werden weltweit noch millionenfach Dieselfahrzeuge produziert, insbesondere für den Nutzfahrzeugbereich. Wir stehen hier also vor einem riesigen Markt, den wir mit unserer ‚zero-emission‘ Technologie bedienen wollen.“ „Hier sehen wir den größten Hebel für den Wasserstoffmotor beziehungsweise Fahrzeuge mit Wasserstoffmotor.“ „Man kann also sagen: Kunden bekommen ein Nullemissionsfahrzeug zu dieseläquivalenten Betriebskosten, ohne dabei Abstriche machen zu müssen.“