Ein fauler Apfel verdirbt das ganze Fass, so lautet ein Sprichwort. Autovermieter haften jetzt für Schäden, die durch nicht verkehrssichere Fahrzeuge in ihrer Flotte verursacht werden. Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main hat einem Kunden 90.000 Euro Schadenersatz zugesprochen. Der Kunde war bei einem Unfall mit einem Mietwagen angeblich schwer verletzt worden.
Der Autovermieter muss nun unter anderem 90.000 Euro Schadenersatz zahlen. Dies, weil die Frau das Fahrzeug benutzen durfte, das nicht in ordnungsgemäßem Zustand war. Dies wurde als Fahrlässigkeit seitens des Autovermieters gewertet.
Straßentaugliche Mietwagen
Das Oberlandesgericht Frankfurt am Main führte in seinem Urteil Folgendes aus: (Az. 2 U 28/21 vom 30. Dezember 2021). Die strenge Gewährleistungspflicht des Vermieters für anfängliche Mängel an der Mietsache kann nicht durch Allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) umgangen werden. Dies gilt für den Fall einer Verletzung seiner Kardinalpflichten.
Weiter heißt es dort: Zu den Kardinalpflichten eines Fahrzeugmietvertrages gehört, dass der technische Zustand des Fahrzeugs ein sicheres Fahren gewährleistet. Dies bedeutet, dass das Fahrzeug über ein funktionierendes Lenkrad und funktionierende Bremsen verfügen muss.
Die Beklagte betrieb eine gewerbliche Autovermietung. Der Kläger, ein gewerblicher Stammkunde, mietete bei der Beklagten ein Fahrzeug für eine einwöchige Reise. Von Frankfurt nach Berlin und zurück. Dies geschah im Herbst 2010.
Der Beklagte haftete für Schäden aus der Verletzung von Leben, Körper und Gesundheit der Mieter. Darüber hinaus haftete er nach Ziffer 8 des Mietvertrages nur bei grober Fahrlässigkeit oder fahrlässiger Pflichtverletzung auf Schadensersatz.
Amputierter Arm
Die Klägerin schilderte dem Beklagten, dass sie auf der Fahrt nach Berlin Schwierigkeiten hatte, den zweiten Gang einzulegen. Auf der Rückfahrt geriet das Fahrzeug ins Schleudern. Die Klägerin versuchte, mit der linken Hand das geöffnete Seitenfenster vom Lenkrad aus hochzurollen. Ein Gegenlenken war nicht möglich.
Schließlich rutschte der Lkw über den linken Fahrbahnrand und in eine Wiese. Der linke Arm der Klägerin flog durch das Fenster und wurde beim Umkippen des Fahrzeugs zerstückelt. Eine Replantation des Arms war nicht möglich.
Der Kläger begehrt ein Schmerzensgeld von 120.000 Euro. Der Beklagte muss auch für künftige Schäden aus dem Verkehrsunfall aufkommen.
“konzeptionell nicht verkehrstauglich”
Das Landgericht hatte die Berufung zunächst zurückgewiesen. Die Berufung vor dem OLG war jedoch weitgehend erfolgreich. Es hatte festgestellt, dass der Kläger auf Schadensersatz klagen kann, weil der Mietwagen mangelhaft war. Bei der Herstellung sei ein Lager im Kreuzgelenk der unteren Lenksäule falsch eingesetzt worden.
Das Fahrzeug sei daher von Anfang an “theoretisch nicht verkehrstauglich” gewesen, so der Sachverständige. Im Laufe seiner Laufleistung hatte sich das Kreuzgelenk aus der Lageraufnahme herausgearbeitet. Während der Fahrt des Klägers sei es dann unerwartet herausgesprungen.
Der Vermieter haftet
Die Beklagte konnte sich nicht auf den vereinbarten Ausschluss der Schadenshaftung berufen, ohne in Haftung genommen zu werden.
Der Vermieter haftet auch für Mängel an der Mietsache, für die er nicht verantwortlich ist. Und zwar auch dann, wenn sie bereits bei Vertragsabschluss vorhanden waren. Das sieht das Gesetz vor (536 a Abs. 1 BGB).
Generell können Allgemeine Geschäftsbedingungen diese verschuldensunabhängige gesetzliche Haftung ausschließen. Der Haftungsausschluss gilt jedoch nicht für Schäden, die durch die Verletzung einer sogenannten Kardinalpflicht durch den Vermieter verursacht wurden.
Funktionstüchtigkeit von Lenkrad und Bremsen
Zu diesen wesentlichen Pflichten gehört die Überlassung eines verkehrssicheren Fahrzeugs mit funktionierender Lenkung und Bremsen.Würde die Klausel Schadensersatz für die Verletzung der damit verbundenen Kardinalpflichten durch den Vermieter vorsehen, wäre der Mieter unangemessen benachteiligt. Ein Haftungsausschluss darf nicht dazu dienen, Pflichten abzuschwächen, die den gewöhnlichen Zweck des Vertrages kennzeichnen.
Das Fahren mit hohen Geschwindigkeiten im Straßenverkehr stellt immer eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben der Insassen dar. Der Mieter muss sich darauf verlassen können, dass das ihm zur Verfügung gestellte Fahrzeug verkehrssicher ist. Es muss frei von Mängeln sein, die ihn in Gefahr bringen können.
Nach dem Urteil des OLG steht dem Kläger ein Schmerzensgeld von 90.000 Euro zu. Darüber hinaus hat er Anspruch auf eine monatliche Schmerzensgeldrente von 160,00 Euro. Damit wird den prägenden besonderen Umständen des Falles Rechnung getragen.